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11.03.2015

Frau Jana Raile in Langenhagen:  Märchenhafte Lichtblicke am roten Faden

Frau Jana Raile wirkt ansteckend. Doch, Kerzenlichter, Herzenslichter kann sie entfachen. Einfach so. Derart erhellend erzeugt sie bei den Zuhörern eine Mischung aus kindlicher Zuhörer-Naivität und altersgewünschter Lebensklugheit.


 

Frau Jana Raile wirkt ansteckend. Doch, Kerzenlichter, Herzenslichter kann sie entfachen. Einfach so. Derart erhellend erzeugt sie bei den Zuhörern eine Mischung aus kindlicher Zuhörer-Naivität und altersgewünschter Lebensklugheit.
Kein Dolby Surround für die effektvolle Ohren-Vibration, keine 3 D-Brille die durch stereoskopisches Verfahren uns eine räumliche Tiefenwirkung simulieren würde, keine computeranimierte Bilderorgie zwecks Kurzweil.
Das alles braucht sie nicht. Sie spricht einfach. So erzeugt sie wundervolle Seelenweil mit Märchenerzählungen. Was?  M ä r c h e n ? 

Mal ehrlich, wer lässt sich schon gerne Märchen erzählen? Das als ein nüchterner und aufgeklärter Mensch, der mit beiden Beinen im faktengesicherten Leben steht(?) Diese unsachliche Haltung hieße ja umgangssprachlich sich etwas vormachen bzw. sich einen Bären aufbinden zu lassen. Seine absolute Steigerung erfährt das, wenn das Sterben dabei thematisiert wird. Märchenhafte Sterbebegleitung sozusagen. Schönen Dank, Pechmarie lässt grüßen. Muss unsereins ja denken, solange jedenfalls, bis er sich unter das begeisterte Publikum von der Erzählerin Jana Raile mischt.

Am 11. März d. J. bestand diese Möglichkeit sie, die seit 1992 hauptberuflich als Erzählerin schon zahlreiche Bühnen betrat, auf der der VHS-Langenhagen im daunstärs kennen zu lernen. Das Sterben im Märchen ist bei Jana Raile unterhaltsam aufgehoben und versprachlicht. Ihr gelingt es natürlich nicht die herrschenden Verdrängungsmechanismen des Tabuthemas außer Kraft zu setzen, aber zumindest taucht sie diese in ein milderes Bedenklichkeitslicht. Das ist erfahrbar, wenn man sich auf das Harmonieangebot, die ihre Erzählungen beinhalten, einlässt. Gerade wenn sie von vielerlei Lebensabschieden zu berichten wusste. Da versteckt sich kein Widerspruch. Bei den Gelegenheiten hält sie es mit der Helligkeit, indem sie mit ihren zeitlosen Erzähl-Lichtern die Herzen erwärmte. Oder anders, sie wusste bei der Gelegenheit für ihr Publikum gerade die letzten Dinge auszuleuchten.

Dies erfuhr dabei u.a. vom Gevatter Tod und dessen Funktion als (Lebens)Licht-Ableser, der er in seinen nicht weiter verorteten unterirdischen Katakomben wachsam und mit vernichtender Wirkung fies nachgeht. Er wacht über die Daseinsberechtigung indem er kontrolliert ob genügend belebender Wachsvorrat für ungestörten Weltaufenthalt vorrätig ist. Ansonsten ist tödliche Sicherheit gegeben. Augenblicklich ist der Lebensweg beendet oder anders ausgedrückt, der Lichtbogen schließt sich unverzüglich für den Kerzenstummel-Inhaber. Der Anfang vom Ende ist da.

Tatsache bleibt, dass Frau Raile wertvolle Anleitungen und Materiellen für Betroffene und Betreuer in der Ausnahmesituation von Todesnähe anbietet, indem sie diese den einzelnen Märchen angegliedert hat. So nachzulesen in Ihren Buch "Trauerbegleitung mit Märchen".

Und den roten Faden verlor sie auch nicht während ihres Vortrages. Auch nicht die Zuhörer. Man darf sagen, dass alle gemeinsam daran zogen. Nach der Pause erhielt ein jeder einen sinnbildlichen Lebensfaden in die Hand gedrückt. Eine schöne Metapher die sie an das Publikum verteilt hatte. 

Als Fazit steht der wunderschöne Beweis, wie lebensnah doch Märchen im Grunde sind. Seelenbalsam, der die Hinwendung zur versöhnlichen und bejahenden Vollendung des Lebensweges beinhaltet. Ein gelungener Abend. Waren es womöglich "Gute-Nacht-Geschichten"? Vielleicht, aber ohne einschläfernden Sandmännchen Effekt. Wie auch? Im Gegenteil, putzmunter hatte ihr Publikum ihr gelauscht.

Jana Raile bezeichnet sich laut Eigenwerbung als Erzählerin, Autorin und Sprachkünstlerin. Warum erwähnt sie nicht dass sie eine wundervolle Sprachfee ist? Und da sie als solche uns in märchenhafte Stimmung versetzte, hätten wir bei ihr die berühmten drei Wünsche frei. Und die lauten: Kommen Sie bald wieder - mindestens dreimal.

Hospizverein Langenhagen e. V. - Walsroder Straße 65 - 30851 Langenhagen - 0511 9402122